Interview BeZett Sinn

Svenja Lehmann (Bereichsleitung Kultur) und Lucas Gabke (Leiter Restaurant) im Interview

„Ich glaube ein Projekt anfangen ist nicht das Schwere, sondern ein Projekt durchzuhalten und das über Jahre“

Ein Gespräch über die Motivation, Umsetzung und Schwierigkeiten zweier über die Region Lahn-Dill-Bergland e.V. geförderte Projekte des BeZett Sinn.


2017 wurde die Bühne und der Backstage-Bereich im BeZett in Sinn gefördert, einem ehemaligen Bürgerhaus, das der Verein Sinnvoll unterwegs e.V. 2011 von der Gemeinde Sinn erworben und komplett umgebaut hat. Mit dieser Investition wurde die Möglichkeit geschaffen, die Räumlichkeiten regelmäßig als Keinkunstbühne zu nutzen.
2020 wurde die Einrichtung eines neuen Kühlraumes mit Lagerkapazität für das BeZett in Sinn gefördert.


Was war eure Motivation für das von euch durchgeführte Projekt – wie kamt ihr auf die Idee?

 

Svenja Lehmann: Im Fall der Kleinkunstbühne war die Motivation, dass es uns als Verein mit dem Zweck der Kulturförderung schon länger gibt als die jetzigen Räumlichkeiten und das heißt, ich habe auch an allen anderen Orten schon immer Theater gemacht und mich nach Kulturangeboten ausgestreckt. Einfach weil es Spaß macht und eine tolle Freizeitbeschäftigung ist.
Als wir dann dieses Gebäude hier hatten, kam ziemlich schnell die Frage auf, da schon eine kleine Bühne vorhanden war, ob wir damit weitermachen oder irgendwann ein reines Restaurant daraus wird. Und dann war ziemlich schnell klar, dass das hier ein Ort werden soll, an dem alles miteinander funktioniert und wo jeder aus dem Verein, das was er an Leidenschaft mitbringt, vielfältig einbringen kann. So kam dann der Wunsch nach der Kleinkunstbühne auf, und nicht nur den Raum als solchen zu haben, sondern auch mit einer guten Ausstattung. Mit einem funktionierenden Vorhangsystem, das stylish aussieht und zum Raum passt. Das nicht wie eine Trennung des Raums wirkt, sondern wie eine Fortführung. Daher kam der Gedanke, hier etwas zu investieren, das wirklich zu dem passt, was wir im Rest des Raums vorhatten. So kam die Kleinkunstbühnenidee -diese war schon lange vorhanden und dann kam der Ort hinzu.

Lucas Gabke: Also das mit dem Kühllager gestaltet sich ein bisschen einfacher. Das kam aus dem Grund, dass wir einfach alte Kühlschränke hatten, die mächtig viel Strom verbraucht haben und auch viel zu klein waren und es daher einfach nötig war, das auf den aktuellen Stand zu bringen.

 

Wie habt ihr angefangen, was war der erste Schritt?

 

Svenja Lehmann: Wir haben schon lange bevor wir dieses Gebäude hier erworben haben, schon vor 20 Jahren, bereits erste Schritte im Kulturbereich unternommen. Ich habe immer danach gesucht, wie man das ausbauen kann, wie man das, was im Kleinen schon vorhanden ist, größer machen kann. Im Endeffekt war es genau diese Frage – Was ist denn jetzt der nächste Schritt? Mit dem Kauf dieses Hauses war klar, der nächste Schritt ist eine eigene Bühne.

 

Was waren die größten Hindernisse/Schwierigkeiten bei diesem Projekt?

 

Lucas Gabke: Eigentlich meist das Geld, das irgendwo immer ein begrenzender Faktor ist. Manchmal denke ich, es wäre schon schön, wenn das Geld einfach egal wäre und man einfach bauen, machen und tun könnte. Dann denke ich aber wieder, dass ich das gar nicht möchte. So hat man das Gefühl, wir erarbeiten uns alles selbst und treffen auch die Entscheidungen selbst. Wir machen das, was wir cool finden, und sind von niemandem abhängig. Dadurch bleibt es aber auch ein Projekt, was sich über Jahre entwickelt. Es verändert sich immer und darf sich auch immer verändern. Es können immer neue Einflüsse dazukommen, für die es auch einen Platz gibt und das finde ich gut.

Zwischenfrage: Und gab es sonst, vom Geld abgesehen, Schwierigkeiten bei der Umsetzung an sich, gab es da irgendwo Probleme oder lief das alles relativ reibungslos?

Svenja Lehmann: Für mich war es der bürokratische Aufwand am Anfang. In der ersten Zeit hat mich das schon ein bisschen erschlagen. Ich habe mich dann auch sehr damit beschäftigt und auch mal bei der Dorfentwicklung mitgemacht und jetzt noch einmal bei dieser LEADER-Strategiegruppe, die über ein halbes Jahr lief. Um für mich das Gefühl zu haben, jetzt habe ich verstanden, wie die Anträge funktionieren und ich die verantwortlichen Stellen zuordnen konnte, also LEADER und Lahn-Dill-Kreis. Aber jetzt so langsam habe ich den Dreh raus. Das war tatsächlich die erste erfolgreiche Förderung, die ich beantragt habe.

Svenja Lehmann: Ja, aber ob ich das jetzt als Hürde bezeichnen würde, weiß ich nicht, es war in dem Moment für mich eine, aber eine wo ich jetzt auch froh bin, sie genommen zu haben. Das hat ein bisschen die Angst vor diesen Förderanträgen genommen. Wir bewerben uns ja auch bei anderen Stellen für Förderung und dann sagt man sich wir wühlen uns da mal durch und wenn es nichts wird, wird es nichts, aber es lohnt sich das mal zu probieren.

 

Was hat euch geholfen diese (Schwierigkeiten/Hürden) zu überwinden?

 

Svenja Lehmann (lachend): Jetzt würden wir gerne sagen ein Lottogewinn, hat aber nicht geklappt.

Lucas Gabke: Beim Geld ist es glaube ich erst durch LEADER so richtig bei uns angekommen, dass es Förderung gibt und dass man sich da mal informieren muss und sollte. Das haben wir vorher nie gemacht. Und ich glaube, das war schon etwas, was enorm dazu beigetragen hat, dass das überhaupt ein Thema bei uns wurde, mal nach Förderung zu gucken, auch in allen Bereichen nach Förderung zu gucken. Das hat schon geholfen.

Svenja Lehmann: Bei mir war es das Wissen, dass wir es sonst auch trotzdem irgendwie gemacht hätten. Zu wissen, wir sind als Verein hier und haben neben Kultur und Küche noch viele weitere Bereiche, die den Verein betreffen und hier stehen mehr als zwanzig Leute dahinter und wenn es keine Förderung gibt und keine Gelder da sind, dann werden wir irgendeinen anderen Weg finden, wenn es auch Eigenarbeit, Renovierung und länger sparen bedeutet und nochmal ein Jahr warten dazukommt. Und wenn nichts von außen kommt, dann zur Not mit eigenen Mitteln, das ist ja sowas, was wir die zehn Jahre davor oder eigentlich fünfzehn, immer gemacht haben. Zu wissen, man steht nicht als Einzelperson da, sondern mit Menschen, die hier alles mit aufgebaut haben. Das war für mich ein großer Sicherheitsfaktor. Zu wissen, ich setze nicht alles auf eine Karte, mit der ich mich auch noch nicht so gut auskenne, sondern wir verfügen bereits über einen gut erprobten Weg und schauen jetzt, ob es Menschen gibt, die uns dabei unterstützen.

Zwischenfrage: Und bei dem bürokratischen Aufwand, hast du dich da selbst reingelesen und dich damit beschäftigt oder hast du dir da nochmal Hilfe geholt?

Svenja Lehmann: Ich habe versucht, mich da so gut es ging durchzuarbeiten, aber ich glaube ich habe mich bestimmt auch drei- oder viermal mit Marion (Anmerkung: Marion Klein von der Region Lahn-Dill-Bergland e.V.) getroffen. Ich habe mir von beiden Stellen, also vom Lahn-Dill-Kreis und von Lahn-Dill-Bergland viel Hilfe geholt und Stückchen für Stückchen verstanden, worum es überhaupt ging. Das war teilweise wirklich erstmal wie eine andere Sprache, die Fachbegriffe und Abkürzungen. Die Abkürzungen haben es mir am schwersten gemacht.

Lucas Gabke: Ich finde, das ist auch mit das Positivste dabei, wie erreichbar ihr in dem Moment seid und einem teilweise das Fachchinesisch übersetzen könnt. Und dass das sehr einfach war, das fand ich sehr angenehm. Dass das wirklich eine schnelle, einfache Kommunikation ist und nicht so verbeamtet wirkt oder so bürokratisch und das finde ich hat das ein bisschen vereinfacht.

 

Was würdet ihr Menschen mit einer Projektidee empfehlen (bzw. was könnt ihr Antragsteller*innen mit auf den Weg geben)?

 

Lucas Gabke: Ich würde sagen, es ist besser es zu probieren, als es nicht zu probieren und im Voraus einfach kurz nachzufragen, ob es eine Möglichkeit gibt. Das reicht meiner Meinung nach meist schon, um ein Gefühl dafür zu bekommen. In der Regel kann man sich auch auf der Homepage schon mal informieren, was es so gibt, in welchem Handlungsfeld man sich befindet, wo könnte das reinpassen und dann einfach nachfragen. Und es wirklich zu probieren und nicht zu denken, das schaffe ich nicht, das traue ich mir nicht zu oder was auch immer. Man hat ja nichts zu verlieren, entweder man bekommt Fördermittel oder nicht.

Svenja Lehmann: Dann steht man halt so da, wie man vorher auch dastand (lachend). Ich denke auch, nicht entmutigen lassen, auch wenn man schon einmal bei irgendeiner Förderstelle war und ein Nein bekommen hat. Es gibt ja noch andere, an die man sich wenden kann. Das nächste Mal versuche ich, bevor wir anfangen, darauf zu achten, Termine zu machen, mit Leuten zu reden, sich zusammenzusetzen und zu fragen, welche Möglichkeiten der Förderung bestehen und dann anzufangen. Nicht schon vorher, wie wir es meist gemacht haben, weil wir so begeistert von der Idee waren. Denn hat man schon angefangen kann das Projekt nicht mehr gefördert werden. Wer da am Anfang steht und so etwas noch nicht gemacht hat, kann das nicht wissen, dass es schon vorbei ist, wenn man angefangen hat.

Zwischenfrage: Und was denkt ihr, was ist der erste Schritt, um die Idee wirklich in die Tat umzusetzen?

Lucas Gabke: Eine gute Idee.

Svenja Lehmann: Von der man wirklich überzeugt ist, das ist eigentlich alles. Wo ich überzeugt von bin, dass es einen Nutzen hat, das es ankommt, dass es …

Lucas Gabke: Ja, im Grunde einen Mehrwert für die Gesellschaft darstellt. Bei sämtlichen Fördermaßnahmen geht es im Grunde ja darum, dass es einen Mehrwert für die Gesellschaft darstellt. Und das glaube ich, ist dann schon mal so ein Kriterium, nach dem man schauen kann. Ich denke auch, wenn man mit euch zusammen die Anträge erarbeitet, dass die Zahl der Ablehnungen sehr gering ist, weil ihr wahrscheinlich zu 99 % wisst, wenn ich das so abschicke, wird es genehmigt. So hat man dann eine gewisse Sicherheit, wenn wir das so machen, dann klappt das auch.

Svenja Lehmann: Allein zu wissen, in welchem Handlungsfeld befinde ich mich gerade. Von außen betrachtet, weiß man vorher ja nicht, wo was hineingehört und dass es verschiedene Handlungsfelder mit verschiedenen Förderzahlen und Prozentsätzen gibt und dass es manchmal einfach an der Formulierung liegt, wo man hineinrutscht. Das kann man vorher nicht wissen. Deswegen hilft es vielleicht, mit der eigenen Idee ein Stück weit hausieren zu gehen, zu sagen, ich habe eine Idee und die verkaufe ich jetzt und bekomme etwas dafür. Vielleicht ist diese wirtschaftliche Herangehensweise – ich verkaufe hier etwas, um dann dafür Fördergelder zu bekommen, etwas das man sich trauen sollte, dann geht es schneller und leichter.

 

Was ist eurer Meinung nach das Wichtigste, auf das man achten muss, damit ein Projekt erfolgreich wird (Was glaubt ihr ist der Erfolgsfaktor für ein erfolgreiches Projekt)?

 

Svenja Lehmann: Mit den richtigen Leuten zusammenarbeiten. Das ist so der erste Gedanke, man braucht die richtigen Leute im Boot.

Lucas Gabke: Ich glaube, ein Projekt anfangen ist nicht das Schwere, sondern ein Projekt durchzuhalten und das über Jahre. Man muss mit den Leuten darüber sprechen, wie es weitergeht, wenn das Projekt läuft, um sicherzugehen, dass es später noch genug Leute gibt, die sich darum kümmern. Denn beim Bau oder der Eröffnung sind viele Menschen dabei, aber später dann wird es irgendwann einmal zäh und dann muss man trotzdem am Ball bleiben. Ich denke es ist wichtig, dass man weiß, auch wenn das Projekt jetzt läuft, muss es weitergehen und sich darüber auch im Klaren sein, dass es nicht von allein läuft, sobald man aufgemacht hat.

Svenja Lehmann: Man darf nicht denken, dass sich nichts ändern darf, an dem was man einmal in diesem [ursprünglichen] Konzept formuliert hat. Es [das Geld] soll für den Zweck genutzt werden, aber es darf alles mitwachsen. Man muss nicht starr bei dem bleiben, was man ganz am Anfang gebaut hat, weil ich glaube, dann passiert genau das, dann wird es zäh, dann verliert sich die Motivation und wenn dann die Leute gehen, verliert sich die Motivation noch mehr.